Wandern mit Demenzkranken

In der HNA vom 14.10.2019 berichtete Andreas Hermann von einer Wanderung, die in Kooperation zwischen dem „Zentrum für Menschen mit Demenz und Angehörige (ZEDA)“ und unserem Verein stattfand.

Diese Wanderungen wollen wir, der HWGV- Kassel zusammen mit dem ZEDA auch zukünftig anbieten. Wenn Sie sich dafür interessieren, wenden Sie sich an Margitta Augsten, Tel. 0561 8820732 oder E-Mail: margitta.augsten@hwgv-kassel.de.

Bei dieser Tour geht’s um Teilhabe

Wanderung in der Gruppe ist für Demenzkranke und Angehörige wichtig

Kassel – Die Wandergruppe benötigt etwas mehr Aufmerksamkeit, denn sie tendiert dazu, nicht zusammenzubleiben. Der ein oder andere Teilnehmer ist gern mal auf Abwegen, um einen Pilz oder Herbstlaub genauer zu betrachten. Das aber ist hier am steilen Ufer entlang der Fulda nicht ganz ungefährlich. Auch sorgen heranbrausende Radfahrer immer wieder für Gefahrensituationen.

Aber sonst? Abgesehen von erhöhter Aufmerksamkeit und eher geringem Tempo unterscheide sich diese Gruppe nicht sehr von anderen Gruppen, mit denen sie unterwegs sei, sagt Heike Reiß, Wanderführerin des Hessisch-Waldeckischen Gebirgsvereins (HWGV). Und doch führt sie mit Margitta Augsten an diesem Samstagvormittag eine besondere Tour. Die Mehrzahl der Wanderer ist dement.

Unterwegs entlang des Fuldaufers: die Wandergruppe mit Demenzkranken und deren Angehörigen. Die Kooperation zwischen dem HWGV Kassel und dem Zentrum ZEDA ermöglicht das Angebot.

Die Wanderungen für Demenzkranke macht die Kooperation des HWGV mit dem Zentrum für Menschen mit Demenz und Angehörige (ZEDA) möglich. Man habe lange nach einem Partner gesucht und ihn 2018 mit dem HWGV gefunden, berichtet Sozialpädagogin Anna Mühling. Bei den Touren seien vor allem Kranke und deren Angehörige dabei. Aber auch erkrankte Einzelpersonen, die sich eine solche Wanderung ohne Begleitung nicht mehr zutrauten, erklärt Mühling, die bei den Touren stets ihren Hund dabei hat.

„Mit der Erkrankung eines Menschen an Demenz gehen für Betroffene und Angehörige grundlegende Veränderungen einher“, erklärt Barbara Koblitz, Bereichsleiterin Beratung und Begleitung beim Diakonischen Werk. Nach der Diagnose stelle sich die Frage der weiteren Lebensplanung und -gestaltung ganz neu. Betroffene reagierten oft mit Angst und Unruhe, Angehörige seien in hohem Maße belastet, Vereinsamung und Isolation drohten. „Bei den angebotenen Wanderungen geht es daher vor allem um die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“, betont Koblitz.

Ingrid Lenz wandert mit ihrem Ehemann das zweite Mal mit. Der 79-Jährige ist seit Jahren demenzkrank. Der Ausflug werde ihm guttun, ist sich die Kasselerin sicher. Sie sei froh, dadurch mit anderen Betroffenen ins Gespräch zu kommen, wünsche sich mehr solcher Angebote. Lenz: „Leider wird auch in Kassel noch zu wenig für Demenzkranke gemacht.“

Diese Meinung teilt eine Frau, bei deren Ehemann vor einem Jahr Alzheimer diagnostiziert wurde. Mit der Wanderung wolle sie ihm noch etwas vom Leben geben, sagt sie. Auch sie will anonym bleiben. Auch sie ist aber sicher, dass ihr Mann danach ausgeglichener und zufriedener sein wird.

Rund zwei Stunden sind die Wanderer von der Hafenstraße aus gen Wolfsanger unterwegs. Wichtig sind Trink- und Liederpausen. Viele Demente können problemlos mitsingen, kennen die Texte noch aus Kindertagen.
Wenn sie sich danach überhaupt noch an diese Wanderung erinnern könnten, dann vor allem an zwei Dinge, wissen Angehörige aus Erfahrung: an das Singen der Lieder und an den Hund von Anna Mühling.

© HNA, Andreas Hermann

Foto: Unterwegs entlang des Fuldaufers: die Wandergruppe mit Demenzkranken und deren Angehörigen. Die Kooperation zwischen dem HWGV Kassel und dem Zentrum ZEDA ermöglicht das Angebot. © HNA, Andreas Fischer

Hintergrund

Das Zentrum für Menschen mit Demenz und Angehörige (ZEDA) ist eine Kontakt-, Begegnungs- und Beratungsstelle. Sie richtet sich mit ihren Angeboten an Menschen mit Demenz, deren Angehörige sowie an freiwillige und professionelle Kräfte in der Altenhilfe. ZEDA wird durch die Stadt Kassel und aus Mitteln der Pflegekassen gefördert.
Kontakt: ZEDA-Zentrum für Menschen mit Demenz und Angehörige, Hafenstraße 17, 34117 Kassel
Telefon: 0561 21414, E-Mail: zeda@dw-region-kassel.de.